Konzeption

Grundgedanken

Selbstbestimmung, Eigenverantwortlichkeit, Integration und Normalisierung sind Schlagworte für eine Entwicklung in der Behindertenarbeit, die ein Umdenken in der alltäglichen Arbeit mit Menschen mit Behinderung erforderlich machen und die auch neuer Lebens- und Wohnformen bedürfen.

Der Verein WA(H)L e.V. will mit seinem Wohnkonzept, u. a. durch den Aufbau eines Wohnprojekts, genau diese Werte in die Praxis umsetzen. Differenzierte Wohnangebote sollen jedem Menschen mit Behinderung die Möglichkeit geben, seinen Fähigkeiten und Bedürfnissen angemessen zu leben. Auch Hilfsbedarf bei der Körperpflege und bei anderen Verrichtungen zieht nicht in jedem Fall das Wohnen in einer Wohnstätte nach sich. Jeder Mensch hat das Recht, entsprechend seiner Möglichkeiten individuell zu entscheiden, welche Wohnform für ihn angemessen ist. Dies gilt unseres Erachtens auch für Menschen mit einer Behinderung.


Grundlagen für das Betreute Wohnen

1. Personenkreis

Zielgruppe des Betreuten Wohnens sind Menschen mit Lernschwäche, geistiger, psychischer und/oder körperlicher Behinderung, die aufgrund ihrer Behinderung zwar nicht ganz ohne Hilfestellung leben können, jedoch so selbständig sind, dass sie nicht auf eine umfassende Betreuung in einer Einrichtung angewiesen sind. Diesen Menschen soll damit die Möglichkeit gegeben werden, sofern es ihr Bedürfnis ist, möglichst selbständig und eigenverantwortlich ihr Leben zu gestalten und zu bewältigen.

2. Aufnahmebedingungen

  • Bewerber müssen mindestens 18 Jahre alt sein
  • wünschenswert wäre eine Beschäftigung in einer WfbM oder auf dem freien Arbeitsmarkt. Bei Arbeitslosigkeit sollte eine neue Tagesstrukturierung angestrebt werden
  • Fähigkeit und Bereitschaft in einer Wohngemeinschaft zu leben und sich entsprechend der Vereinbarung einzubringen und zu verhalten
  • Bereitschaft konstruktiv mit den Betreuern zusammenzuarbeiten

Die Aufnahme erfolgt nach folgenden Regeln:

  • Vorstellungsgespräch, bei Bewerbung für Wohngemeinschaften Treffen mit Mitbewohnern zum gegenseitigen Kennen lernen
  • nach Möglichkeit Probewohnen an einem oder mehreren Wochenenden mit anschließendem Auswertungsgespräch
  • Mitbewohner der betroffenen Wohngemeinschaft entscheiden mit den Betreuern gemeinsam über eine Aufnahme
  • Bei Bedarf können auch weitere Unterlagen wie Gutachten oder Entwicklungsberichte zur besseren Beurteilung und Entscheidungsfindung anfordern

3. Pädagogische Zielsetzung

  • Förderung und Erweiterung der bisher erreichten Selbständigkeit in allen Bereichen
  • ein Leben weitgehend ohne fremde Hilfestellung führen zu können
  • Förderung der sozialen Bindungs- und Beziehungsfähigkeit bis hin zum Leben in einer Partnerschaft
  • Leben alleine oder in einer Partnerschaft zu ermöglichen, sofern es gewünscht ist
  • gegenseitige Hilfestellung und Unterstützung geben in schwierigen Situationen
  • lernen, Kritik zu geben, aber auch anzunehmen, Erhöhung der Frustrationstoleranz
  • weitgehende Integration in die Umgebung
  • sinnvolle Freizeitgestaltung
  • eigene Bedürfnisse und Wünsche selbständig zu erkennen und äußern
  • sorgsamer Umgang mit dem eigenen Körper und der Gesundheit
  • Teilnahme an Bildungsangeboten
  • Förderung des Eigeninteresses, in der persönlichen Entwicklung weiterzukommen

4. Arbeitsweise der pädagogischen Mitarbeiter

Personenzentrierter Ansatz

Die Betreuer sollen Begleitung und Hilfestellung geben, soweit es von den Bewohnern gewünscht ist bzw. notwendig ist. Dabei sollte auf die bestehenden Möglichkeiten und Fähigkeiten der Bewohner und des Einzelnen in jeder Situation zurückgegriffen werden. Lernziele und einzelne Lernschritte sollen mit den Betroffenen abgesprochen werden.

Die Hilfestellung kann auch sehr direkt erfolgen z.B. in Form von Begleitung zu Ärzten, Behörden usw., sofern es erforderlich ist und/oder vom Betroffenen gewünscht wird.

Systemisch - gruppendynamischer Ansatz

Wichtig sind auch gemeinsame Erlebnisse mit den Bewohnern um sich besser kennen zu lernen und zu verstehen. Oft können bei solchen Gelegenheiten Gedanken oder auch Probleme freier und leichter angesprochen werden. Der Betreuer übernimmt durch sein Verhalten auch eine gewisse Vorbildfunktion, was er in seinem Umgang mit den Bewohnern bedenken soll.

Der Betreuer soll seine Hilfe nicht aufdrängen, sondern anbieten. Auch die Betreuungszeiten sollen mit der Gruppe bzw. jedem einzelnen Bewohner nach Bedarf abgesprochen werden. Die Selbstbestimmung und Eigenverantwortlichkeit der Bewohner soll immer im Vordergrund stehen.

Bezugsbetreuersystem mit Fallverantwortlichkeit zur Koordinierung der Hilfen

Der Bezugsbetreuer arbeitet unmittelbar mit dem Betreuten zusammen, Bezugsbetreuung ist auf Langfristigkeit und Kontinuität angelegt. Das System der Bezugsbetreuung gilt auch für Wohngemeinschaften, d. h. ein päd. Mitarbeiter ist für die gesamte Wohngemeinschaft zuständig.

Ist in bestimmten Situationen mehr an Hilfestellung erforderlich, als vom Betreuer gegeben werden kann, ist es seine Aufgabe in Absprache mit dem Bewohner entsprechende Hilfe von Außen zu holen. Im Falle von Fremd- oder Selbstgefährdung ist dies auch ohne die Zustimmung des Bewohners möglich. Weiter ist es die Aufgabe des päd. Mitarbeiters, bestehende oder neu hinzugekommene Hilfen von Außen zu koordinieren.